Geschichte deines Lebens

Die schönste Liebesgeschichte der Welt


Für Lennon.


In diesem Abschnitt deines Lebens wird für dich keine Vergangenheit oder Zukunft existieren; bis ich dir meine Brust gebe, wirst du keine Erinnerungen an zurückliegende Befriedigungen haben oder Erwartungen auf zukünftige Linderungen hegen. Sobald du zu nuckeln beginnst, wird sich alles ändern, und die Welt wird wieder in Ordnung sein. JETZT ist der einzige Augenblick, den du zur Kenntnis nehmen wirst; du wirst in der Gegenwart leben. Das ist in vielerlei Hinsicht ein beneidenswerter Zustand.
– Ted Chiang: Geschichte Deines Lebens (2011)

Plötzlich wurde mir alles klar: seine Absonderlichkeiten,
die bei den Leuten Verwunderung und
Spott hervorriefen, seine Verträumtheit, sein
Hang zur Einsamkeit, seine Schweigsamkeit. Ich
begriff jetzt, warum er ganze Abende auf dem
Wachthügel saß und allein am Fluß übernachtete,
warum er unablässig auf Laute horchte, die anderen
nicht vernehmlich waren, warum manchmal
seine Augen plötzlich aufleuchteten und seine
meist gerunzelten Brauen emporzuckten. Er war
ein zutiefst verliebter Mensch. Aber er war nicht
einfach in einen anderen Menschen verliebt — sondern
es war eine andere, alles umfassende Liebe
zum Leben und zur Erde. Diese Liebe erfüllte ihn
ganz, sie klang aus seinen Liedern, sie war sein
Leben. Ein gleichgültiger Mensch hätte niemals so
singen können, und wenn seine Stimme noch so
gut gewesen wäre.
– Tschingis Aitmatow: Dshamilja (1962)




Gehen.

Einfach nur gehen.

Schweden zum Dritten (I & I, II).
480 km unterwegs auf dem Skåneleden SL1 (Kust-kustleden), SL3 (Ås-åsleden) & SL2 (Nord-sydleden).

Spiegelung

Wir gehen lieber unter, als uns zu ändern,
Wir sterben lieber in unserer Angst,
Als daß wir uns dem Augenblick stellten
Und von unseren Illusionen ließen.
W.H. Auden - The Age of Anxiety, Collected Poems (1976)



Stoner

Versuch einer Annäherung.

StonerOriginal
Da er so spät mit dem Studium angefangen hatte, spürte er nun umso deutlicher dessen Dringlichkeit. Manchmal, wenn er in die Bücher vertieft war, überkam ihn eine Ahnung dessen, was er alles nicht wusste, was er noch nicht gelesen hatte, und die Ruhe, auf die er hinarbeitete, wurde von der Erkenntnis erschüttert, wie wenig Zeit ihm doch im Leben blieb, um so viel lesen, um all das lernen zu können, was er wissen musste.
(S. 36)

ALS WILLIAM STONER SEHR JUNG WAR, hatte er die Liebe für einen vollkommenen Seinszustand gehalten, zu dem Zugang fand, wer Glück hatte. Als er erwachsen wurde, sagte er sich, die Liebe sei der Himmel einer falschen Religion, dem man mit belustigter Ungläubigkeit, vage vertrauter Verachtung und verlegener Sehnsucht entgegensehen sollte. Nun begann er zu begreifen, dass die Liebe weder Gnade noch Illusion war; vielmehr hielt er sie für einen Akt der Menschwerdung, einen Zustand, den wir erschaffen und dem wir uns anpassen von Tag zu Tag, von Augenblick zu Augenblick durch Willenskraft, Klugheit und Herzensgüte.
(S. 246)

[...] begriff er, welch eine Vergeudung und Sinnlosigkeit es bedeutete, sich ganz jenen irrationalen und dunklen Kräften zu überlassen, von denen die Welt ihrem unbekannten Ende entgegengetrieben wurde; und [...] zog auch Stoner sich ein wenig in Mitleid und Liebe zurück, weshalb ihn die allgemeine Rastlosigkeit verschonte, die er überall beobachten konnte.
(S. 277)

StonerFalk


sufficere!

Genügt Euch!

Sufficere



Suffizienz (lat. sufficere ‚genügen‘, ‚ausreichen‘)

Nein, Suffizienz bedeutet nicht Verzicht, wie Niko Paech in "All you need is less" schreibt:
Wie kann jemand auf etwas verzichten, was ihm nie zugestanden hat, weil es auf irreversibler Plünderung von Ressourcen beruht? Somit lässt sich Suffizienz auch als Rückgabe einer dreist angeeigneten Beute begreifen.


Oder, mit den Worten von Maja Göpel in "Unsere Welt neu denken":
Ich kann ja nur auf etwas verzichten, das mir nach Lage der Dinge zusteht. [...] So gesehen heißt Verzichten in reichen Ländern [...] eigentlich nicht mehr und nicht weniger, als darauf zu verzichten, den Planeten zu ruinieren, und dafür die Lebensgrundlagen in der Zukunft zu erhalten.



Oder, um es enkeltauglich mit Thich Nhat Hanh zu sagen:
Jedes Mal, wenn ich ein Kind sehe,
denke ich über die Welt nach,
die wir diesem Kind hinterlassen.



Oder Seneca, der es bereits im Jahre 62 auf den Punkt brachte:
Nie ist zu wenig, was genügt.



Und DOTA singt es treffend in ihrem Lied:
Keine Zeit






Weltinnenraum

- unattached -

"[...]
Erde, ist es nicht dies, was du willst: unsichtbar
in uns erstehn? – Ist es dein Traum nicht,
einmal unsichtbar zu sein? – Erde! unsichtbar!
Was, wenn Verwandlung nicht, ist dein drängender Auftrag?
Erde, du liebe, ich will. Oh glaub, es bedürfte
nicht deiner Frühlinge mehr, mich dir zu gewinnen – , einer,
ach, ein einziger ist schon dem Blute zu viel.
Namenlos bin ich zu dir entschlossen, von weit her.
Immer warst du im Recht, und dein heiliger Einfall
ist der vertrauliche Tod.

Siehe, ich lebe. Woraus? Weder Kindheit noch Zukunft
werden weniger..... Überzähliges Dasein
entspringt mir im Herzen."

– Rainer Maria Rilke - Duineser Elegien
(aus: Die neunte Elegie, März 1912 (Duino) und 9. Februar 1922 (Muzot))



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