Die Rottöne sind uns ausgegangen...

Wer wir gewesen sein werden

Die Perspektive des Futur zwei als Ausblick in eine vollendete Zukunft:
Jeder Sommer, den wir jetzt erleben, wird der Kälteste gewesen sein.

Die Bedingungen des Überlebens werden durch das Klima festgelegt – mit seinen langsamen Veränderungen, die eine Generation oft gar nicht wahrnimmt. Und es sind die klimatischen Extreme, die das Muster bestimmen. Einzelne, endliche Menschen können vielleicht das Klima einer bestimmten Region beobachten, Fluktuationen im Jahreswetter, und gelegentlich fällt ihnen etwas in der Art von »Das ist das kälteste Jahr, das ich jemals erlebt habe« auf. All das ist ersichtlich. Aber Menschen werden nur selten auf einen sich über viele Jahre hinweg verändernden Durchschnittswert aufmerksam. Aber es ist genau diese Aufmerksamkeit, durch die Menschen lernen, wie man auf welchem Planeten überlebt. Die Menschen müssen lernen, das Klima zu begreifen.
Frank Herbert: Die Kinder des Wüstenplaneten (1976)


Vergleichsweise selten aber versuchen wir, uns im Blick jener zu identifizieren, die kommen und an uns verzweifeln werden.
[...]
Ja, wir wussten viel und fühlten wenig. Wir durften es nicht fühlen und hörten doch T.S. Eliot fragen: »Where is the wisdom we lost in knowledge? Where is the knowledge we lost in information?« Hörten es und häuften noch mehr Informationen auf. Als brauchten wir zum Handeln einen neuen Klimabericht, einen neuen Schadensbericht über die Weltmeere, den Regenwald, die grassierende Armut. Aber aus all den Fakten ist keine Praxis entsprungen, die auf der Höhe der drohenden Zukunft wäre.
[...]
So bewegten wir uns in die Zukunft des Futurums II: Ich werde gewesen sein.
[...]
Wir waren die, die verschwanden. Wir lebten als der Mensch, der sich in der Tür umdreht, noch etwas sagen will, aber nichts mehr zu sagen hat.
Roger Willemsen: Wer wir waren. Zukunftsrede (2016)


What troubles me most is that, in facing this global crisis, we are failing to work together as a multilateral community.
Was mich am meisten beunruhigt, ist, dass wir angesichts dieser globalen Krise nicht in der Lage sind, als multilaterale Gesellschaft zusammenzuarbeiten.
We have a choice. Collective action or collective suicide.
Wir haben die Wahl. Entweder handeln wir zusammen oder wir begehen kollektiven Suizid
UN-Generalsekretär António Guterres: Petersberger Dialog, Berlin (18. Juli 2022)



Geschichte deines Lebens

Die schönste Liebesgeschichte der Welt


Für Lennon.


In diesem Abschnitt deines Lebens wird für dich keine Vergangenheit oder Zukunft existieren; bis ich dir meine Brust gebe, wirst du keine Erinnerungen an zurückliegende Befriedigungen haben oder Erwartungen auf zukünftige Linderungen hegen. Sobald du zu nuckeln beginnst, wird sich alles ändern, und die Welt wird wieder in Ordnung sein. JETZT ist der einzige Augenblick, den du zur Kenntnis nehmen wirst; du wirst in der Gegenwart leben. Das ist in vielerlei Hinsicht ein beneidenswerter Zustand.
– Ted Chiang: Geschichte Deines Lebens (2011)

Plötzlich wurde mir alles klar: seine Absonderlichkeiten,
die bei den Leuten Verwunderung und
Spott hervorriefen, seine Verträumtheit, sein
Hang zur Einsamkeit, seine Schweigsamkeit. Ich
begriff jetzt, warum er ganze Abende auf dem
Wachthügel saß und allein am Fluß übernachtete,
warum er unablässig auf Laute horchte, die anderen
nicht vernehmlich waren, warum manchmal
seine Augen plötzlich aufleuchteten und seine
meist gerunzelten Brauen emporzuckten. Er war
ein zutiefst verliebter Mensch. Aber er war nicht
einfach in einen anderen Menschen verliebt — sondern
es war eine andere, alles umfassende Liebe
zum Leben und zur Erde. Diese Liebe erfüllte ihn
ganz, sie klang aus seinen Liedern, sie war sein
Leben. Ein gleichgültiger Mensch hätte niemals so
singen können, und wenn seine Stimme noch so
gut gewesen wäre.
– Tschingis Aitmatow: Dshamilja (1962)




Gehen.

Einfach nur gehen.

Schweden zum Dritten (I & I, II).
480 km unterwegs auf dem Skåneleden SL1 (Kust-kustleden), SL3 (Ås-åsleden) & SL2 (Nord-sydleden).

Spiegelung

Wir gehen lieber unter, als uns zu ändern,
Wir sterben lieber in unserer Angst,
Als daß wir uns dem Augenblick stellten
Und von unseren Illusionen ließen.
W.H. Auden - The Age of Anxiety, Collected Poems (1976)



Stoner

Versuch einer Annäherung.

StonerOriginal
Da er so spät mit dem Studium angefangen hatte, spürte er nun umso deutlicher dessen Dringlichkeit. Manchmal, wenn er in die Bücher vertieft war, überkam ihn eine Ahnung dessen, was er alles nicht wusste, was er noch nicht gelesen hatte, und die Ruhe, auf die er hinarbeitete, wurde von der Erkenntnis erschüttert, wie wenig Zeit ihm doch im Leben blieb, um so viel lesen, um all das lernen zu können, was er wissen musste.
(S. 36)

ALS WILLIAM STONER SEHR JUNG WAR, hatte er die Liebe für einen vollkommenen Seinszustand gehalten, zu dem Zugang fand, wer Glück hatte. Als er erwachsen wurde, sagte er sich, die Liebe sei der Himmel einer falschen Religion, dem man mit belustigter Ungläubigkeit, vage vertrauter Verachtung und verlegener Sehnsucht entgegensehen sollte. Nun begann er zu begreifen, dass die Liebe weder Gnade noch Illusion war; vielmehr hielt er sie für einen Akt der Menschwerdung, einen Zustand, den wir erschaffen und dem wir uns anpassen von Tag zu Tag, von Augenblick zu Augenblick durch Willenskraft, Klugheit und Herzensgüte.
(S. 246)

[...] begriff er, welch eine Vergeudung und Sinnlosigkeit es bedeutete, sich ganz jenen irrationalen und dunklen Kräften zu überlassen, von denen die Welt ihrem unbekannten Ende entgegengetrieben wurde; und [...] zog auch Stoner sich ein wenig in Mitleid und Liebe zurück, weshalb ihn die allgemeine Rastlosigkeit verschonte, die er überall beobachten konnte.
(S. 277)

StonerFalk


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