Es reicht nicht aus, sich eine bessere Welt für die Kinder zu wünschen. Es reicht nicht aus, sie durch Behaglichkeit und Annehmlichkeiten abzuschirmen. Lostara Yil, wenn wir unsere eigene Behaglichkeit nicht opfern, unsere eigenen Annehmlichkeiten, um die Welt der Zukunft zu einer besseren zu machen, dann verfluchen wir unsere Kinder. Wir hinterlassen ihnen ein Elend, das sie nicht verdienen. Wir hinterlassen ihnen Lektionen, die sie nicht lernen müssen sollten.
Ich bin keine Mutter, aber ich muss nur einen Blick auf Hanavat werfen, und das gibt mir die Kraft, die ich brauche.
– Steven Erikson: Das Spiel der Götter 19: Der verkrüppelte Gott (2021), S. 366.
Jede Beurteilung von Literatur per Genre ist Schrott. Jede Einstufung einer literarischen Form als inhärent höher- oder minderwertiger ist Schrott. […] Es gibt viele schlechte Bücher. Es gibt keine schlechten Genres.
– Ursula K. Le Guin (1929–2018): Genre: A Word Only the French Could Love. In: The James Tiptree Award Anthology 1 (2005), S. 68.
Da er so spät mit dem Studium angefangen hatte, spürte er nun umso deutlicher dessen Dringlichkeit. Manchmal, wenn er in die Bücher vertieft war, überkam ihn eine Ahnung dessen, was er alles nicht wusste, was er noch nicht gelesen hatte, und die Ruhe, auf die er hinarbeitete, wurde von der Erkenntnis erschüttert, wie wenig Zeit ihm doch im Leben blieb, um so viel lesen, um all das lernen zu können, was er wissen musste.
(S. 36)
ALS WILLIAM STONER SEHR JUNG WAR, hatte er die Liebe für einen vollkommenen Seinszustand gehalten, zu dem Zugang fand, wer Glück hatte. Als er erwachsen wurde, sagte er sich, die Liebe sei der Himmel einer falschen Religion, dem man mit belustigter Ungläubigkeit, vage vertrauter Verachtung und verlegener Sehnsucht entgegensehen sollte. Nun begann er zu begreifen, dass die Liebe weder Gnade noch Illusion war; vielmehr hielt er sie für einen Akt der Menschwerdung, einen Zustand, den wir erschaffen und dem wir uns anpassen von Tag zu Tag, von Augenblick zu Augenblick durch Willenskraft, Klugheit und Herzensgüte.
(S. 246)
[...] begriff er, welch eine Vergeudung und Sinnlosigkeit es bedeutete, sich ganz jenen irrationalen und dunklen Kräften zu überlassen, von denen die Welt ihrem unbekannten Ende entgegengetrieben wurde; und [...] zog auch Stoner sich ein wenig in Mitleid und Liebe zurück, weshalb ihn die allgemeine Rastlosigkeit verschonte, die er überall beobachten konnte.
(S. 277)
Nein, es geht nicht um gleichnamigen Beatles Song (…This Bird Has Flown) aus dem Jahre 1965. Ebensowenig um Haruki Murakamis Roman Noruwei no mori (Norwegian Wood/Naokos Lächeln), obgleich alles auf verschiedenen Ebenen wundersam miteinander verwoben ist.
Während Murakami (I, II, III) noch auf den längst verdienten Nobelpreis hoffen darf, ist hier die Rede von dem für diese Auszeichnung mehrfach nominierten Autoren Tarjei Vesaas (1897 - 1970) und zwei seiner so fantastisch aus dem norwegischen übersetzten Schätze.
Tarjei Vesaas - Die Vögel (1961)
Mattis schaute, ob der Himmel jetzt am Abend klar und wolkenlos war. Ja, war er. Dann sagte er zu seiner Schwester Hege, um ihr eine Freude zu machen:
"Du bist ja ein Blitz, du!", sagte er zu ihr.
Dass er dieses Wort in den Mund nahm, erschreckte ihn ein wenig, war aber ungefährlich, denn der Himmel war schön.
"Mit den Stricknadeln, meine ich", fügte er hinzu.
Wird anders werden, dachte Mattis abwesend. Er nahm seine Sachen und zog sich an. Fühlte sich schon verändert, irgendwie von zwei starken Armen getragen: Der Schnepfenstrich und der Traum nahmen ihn zwischen sich. Er lauschte schon, ob sich auch heute etwas Ungewöhnliches melden würde. Vielleicht wartete ein nie gedachtes Wort oder etwas Schönes - jetzt, wo sich alles gewendet hatte.
Mattis beugte sich hinab und las, was da stand. Betrachtete die leichten, tanzenden Spuren. So leicht und fein ist der Vogel, dachte er. So leicht geht mein Vogel über die Moore, wenn er des Himmels müde ist.
Tarjei Vesaas - Das Eis-Schloss (1965)
Traum von verschneiten Brücken
Wir stehen da, der Schnee fällt dichter.
Dein Mantelärmel wird weiß.
Mein Mantelärmel wird weiß.
Sie verbinden uns wie
verschneite Brücken.
Aber verschneite Brücken sind gefroren.
Hier drinnen ist es lebendig und warm.
Dein Arm, warm unter dem Schnee, ist ein
seliges Gewicht auf meinem.
Es schneit ohne Unterlass
auf stille Brücken.
Brücken, von denen niemand weiß.